Agilität mit Evidence-Based Management sinnvoll gestalten - Teile 3
Agile Frameworks wie Scrum oder Kanban helfen Teams, sich besser auf die Wertschöpfung zu konzentrieren und sich leichter an Veränderungen anzupassen. Aber Agilität hört nicht bei der Teamebene auf: Manche Ansätze sind für Entscheidungsträger und Organisationen. Dazu gehört das Evidence-Based Management. Es bietet eine andere Sichtweise: Man kann so Wertschöpfung und Fortschritt strukturieren und steuern. Und zwar auf der Grundlage konkreter Fakten.
Das ist der dritte Teil von einer Serie über Agilität in Unternehmen. Die ersten beiden Artikel handelten über den Cargo-Kult und die Scrum-Prinzipien.
Scrum, Kanban, SAFe... Du hast bestimmt schon von agilen Frameworks und Methoden gehört. Sie helfen Teams, sich besser zu organisieren, häufiger zu liefern und sich an Veränderungen anzupassen.
Aber wie wir in meinem Artikel über agile Prinzipien [Link Artikel 1 Agile] gesehen haben, geht Agilität über die Verwaltung der Teamarbeit hinaus. Es gibt auch Ansätze für Entscheidungsträger und Organisationen. Damit können sie die Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen oder Initiativen steuern. Das geschieht strukturiert, messbar und auf den Wert ausgerichtet.
Das Evidence-Based Management (EBM) ist einer von diesen Ansätzen. Es wurde von Ken Schwaber und Scrum.org vorgeschlagen. EBM will, dass Entscheidungen auf Fakten basieren, aber trotzdem nach den agilen Prinzipien [Link Artikel 2 Scrum] vorgehen. EBM ist weniger bekannt als Team-Frameworks. Es ist für Organisationen, die in Unsicherheit vorankommen wollen, ohne ihr klares Ziel aus den Augen zu verlieren. Nämlich nützlichen, messbaren und nachhaltigen Wert zu liefern.
Was ist Evidence-Based Management?
Beim Evidence-Based Management wird regelmäßig bewertet, wie viel Wert geschaffen wurde. Außerdem wird geschaut, ob sich die Organisation anpassen kann, neue Ideen hat und ihre Nutzer zufrieden stellt.
Das Evidence-Based Management ist ein agiler strategischer Steuerungsansatz, der auf der regelmäßigen Bewertung der erzeugten Wertschöpfung und der Fähigkeit der Organisation basiert, sich anzupassen, innovativ zu sein und ihre Nutzer zufriedenzustellen.
EBM ermutigt dazu, die Realität anhand von Daten zu beobachten, Hypothesen zu testen und die Strategie anzupassen.
Es ist also weder eine Produktentwicklungs-Software noch eine Projektmanagement-Methode, sondern ein Steuerungsmodell, das mit jeder Organisation funktioniert, die agiler werden möchte.
Wozu dient es konkret?
EBM hilft Organisationen bei wichtigen strategischen Fragen:
Biete ich meinen Nutzern einen echten Mehrwert?
Kann unsere Organisation schnell auf Veränderungen reagieren?
Bringen wir unsere Initiativen näher an unsere langfristigen Ziele?
Welche Probleme stören uns gerade?
EBM macht Fortschritte sichtbar. So können gute Entscheidungen und wichtige Investitionen getroffen werden.
Ein strukturiertes Modell mit vier Dimensionen
EBM basiert auf 4 Schlüsselbereichen, die es ermöglichen, die Performance und die Widerstandsfähigkeit einer agilen Organisation zu messen:
Current Value (aktueller Wert)
** Welchen Wert liefert das Produkt oder die Dienstleistung heute den Kunden, den Nutzern und der Organisation heute?
Unrealized Value (der ungenutzte Wert)
** Welchen zusätzlichen Wert könnten wir erzielen, wenn wir die Bedürfnisse besser erfüllen oder einen neuen Markt erschließen würden?
Ability to Innovate (die Innovationsfähigkeit)
** Inwieweit ist die Organisation in der Lage, neue Ideen, Lösungen oder Funktionen zu liefern?
Time to Market (die Markteinführungszeit)
** Wie schnell können wir eine Idee in einen gelieferten Wert umwandeln?
Mithilfe dieser vier Achsen lässt sich die Dynamik der kontinuierlichen Verbesserung visualisieren. Eine leistungsstarke Organisation zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass sie schnell liefert. Sie ist auch innovativ, maximiert den produzierten Wert und identifiziert Wachstumschancen.
Um das gesamte EBM-Framework und seine Wechselwirkungen zu veranschaulichen, stellt Scrum.org dieses übersichtliche Diagramm an:
Quellen: Scrum.org
Diese Darstellung präsentiert:
die 4 Schlüsselwertbereiche (Key Value Areas) in Blau,
Beispiele für zugehörige Indikatoren (in Hellgrau),
die Wechselwirkungen zwischen den Bereichen
Es zeigt deutlich, dass EBM kein linearer Prozess, sondern ein iterativer Ansatz ist: Fortschritte in einem Bereich (wie der Innovationsfähigkeit) können neue Möglichkeiten zur Wertschöpfung freisetzen oder die Time-to-Market verkürzen. Dies wirkt sich positiv auf den aktuellen Wert aus.
Dieses Framework hilft also dabei, eine datengestützte Schleife der kontinuierlichen Verbesserung auf allen Ebenen der Organisation zu etablieren.
Welche Tools und Indikatoren soll ich verwenden?
EBM schreibt keine einzelnen Indikatoren vor, sondern schlägt Maßnahmen vor, die mit jedem Bereich kohärent sind. Zum Beispiel:
Für den aktuellen Wert: Kundenzufriedenheit, Marktanteil, Kundenbindungsrate.
Für den ungenutzten Wert: Wachstumspotenzial, neue adressierbare Segmente, ungenutztes Feedback.
Für die Innovationsfähigkeit: Misserfolgsrate von Experimenten, Anzahl der umgesetzten Ideen, organisatorische Hindernisse.
Für die Time-to-Market: Cycle Time, Lead Time, Bereitstellung Frequenz.
Wichtig ist nicht, alles zu messen, sondern relevante Indikatoren zur Entscheidungsfindung auszuwählen. Die Daten müssen nützlich und zugänglich sein und sich auf beobachtbare Trends statt auf isolierte Zahlen beziehen.
Wie integriert sich EBM in Scrum oder einen agilen Ansatz?
EBM ersetzt weder Scrum noch agile Praktiken, sondern ergänzt sie. EBM ist ein Denkrahmen für Product Owner, Manager und Führungskräfte in der Organisation.
Im Scrum-Kontext kann der Product Owner EBM-Metriken nutzen, um die Produktstrategie anzupassen.
Führungskräfte können es als Governance-Tool verwenden, um die Ergebnisse einer agilen Transformation zu bewerten.
Agile Teams können sich von der EBM-Vision inspirieren lassen, um die Auswirkungen ihrer Arbeit über einzelne Lieferungen hinaus zu verstehen.
So hilft EBM dabei, strategische Entscheidungen mit konkreten Ergebnissen zu verknüpfen und eine Kultur des gemessenen Experimentierens zu etablieren.
In welchen Kontexten ist EBM besonders nützlich?
Evidence-Based Management eignet sich für Organisationen, die:
sich in einer agilen Transformation befinden und einen rein mechanischen Ansatz vermeiden wollen
Produkte oder Dienstleistungen in einem unsicheren Umfeld entwickeln
versuchen, Strategie besser mit der operativen Realität in Einklang zu bringen
oder von einer Output-Logik (gelieferte Menge) zu einer Impact-Logik (geschaffener Wert) übergehen wollen
Zusammenfassung
Das Evidence-Based Management (EBM) bietet einen einfachen und strukturierten Rahmen, um die kontinuierliche Verbesserung in einer agilen Organisation zu steuern. Basierend auf Fakten ermöglicht es, den tatsächlich produzierten Wert zu messen, Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren und eine fundiertere Entscheidungsfindung auf allen Ebenen zu fördern.
EBM ersetzt Scrum oder Kanban nicht, sondern hilft dabei, agilen Praktiken Sinn zu verleihen und strategische Entscheidungen besser zu leiten. Dabei konzentriert es sich auf das, was wirklich zählt: die Schaffung nachhaltigen Werts für die Nutzenden.